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Stefanie Conrad
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Unregistrierte Raucherpausen: Kündigung nach Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Pausendokumentation

Die Sache mit dem Glimmstängel während der Arbeitszeit ist immer wieder ein Grund für Arbeitgeber und -nehmer, sich arbeitsrechtlich in den Haaren zu liegen. Bei all dem Für und Wider sollten Arbeitnehmer eines jedoch nie vergessen, wenn sie Raucherpausen wahrzunehmen gedenken: Stempeln Sie sich aus und wieder ein. Ansonsten verläuft der Rechtsstreit schnell wie der folgende vor dem Landesarbeitsgericht Thüringen (LAG).

Eine Arbeitnehmerin war bereits seit dem Jahr 1990 für den Arbeitgeber in Vollzeit tätig. Die Arbeitszeit konnten sich die Angestellten relativ flexibel einteilen. Dabei waren sie allerdings verpflichtet, sich bei jedem Betreten oder Verlassen des Dienstgebäudes an- und abzumelden. Diese Regelung galt ausdrücklich auch für Pausen. Die Arbeitnehmerin verließ mehrfach am Tag während der Arbeitszeit das Dienstgebäude, um eine Zigarettenpause einzulegen. Dabei verzichtete sie immer wieder darauf, sich aus- und später wieder einzustempeln. Bei einem Abgleich mit dem Buchungsjournal der Arbeitszeiterfassung stellte der Arbeitgeber fest, dass die Arbeitnehmerin an drei Tagen keine einzige Pause, sondern lediglich Beginn und Ende ihrer Arbeitszeit gebucht hatte. Für das Verhalten entschuldigte sie sich. Trotzdem kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise fristgerecht. Die Arbeitnehmerin wehrte sich dagegen mit einer Kündigungsschutzklage.

Das LAG hielt die außerordentliche Kündigung zwar für unwirksam - die ordentliche, fristgerechte Kündigung jedoch für wirksam. Es sah in dem Verhalten der Arbeitnehmerin einen Arbeitszeitbetrug. Die Richter stellten klar, dass Arbeitnehmer, die es systematisch unterlassen, sich für eine Rauchpause abzumelden, grundsätzlich eine schwerwiegende Pflichtverletzung (§ 626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch) begehen. Das Gericht entschied zudem, dass die Wirksamkeit der fristgerechten, ordentlichen Kündigung nicht an ihrer fehlenden sozialen Rechtfertigung nach § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz scheitere. Die Arbeitnehmerin hatte sich insoweit auf ihre Nikotinsucht berufen. Die Richter schmetterten das Argument damit ab, dass diese allenfalls die Anzahl der Raucherpausen erklären könne - für die Verletzung der Pflicht zur ordnungsgemäßen Dokumentation liege keine soziale Rechtfertigung vor. Wegen der Schwere der Pflichtverletzung stellt sich die ordentliche, verhaltensbedingte Kündigung auch nach der durchzuführenden Interessenabwägung als sozial gerechtfertigt dar.

Hinweis: Wer sich also für eine Pause nicht ordnungsgemäß ab- und anmeldet, kann einen Arbeitszeitbetrug begehen. Dabei handelt es sich um ein schwerwiegendes Delikt. Denn der Arbeitgeber bezahlt Zeit, für die er keine Gegenleistung erhält.


Quelle: LAG Thüringen, Urt. v. 03.05.2022 - 1 Sa 18/21
zum Thema: Arbeitsrecht

(aus: Ausgabe 08/2022)

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